Beyträge zur Geschichte der Erfindungen.
Von Johann Beckmann, Hofrath u. ordentl. Profess. der Oekonomie in Göttingen.
Vieter Band.
Leipzig,
im Werlage Paul Gotthelf Kummer.
1799.
(Vierten Bandes viertes Stück, 1799.)Indig ist wenigstens schon zur Zeit des Dioscorides und Plinius nach Europa gebracht, und daselbst zur Färberey und Malerey gebraucht worden. Dieß übernehme ich, wo nicht völlig zu erweisen, doch wenigstens höchst wahrscheinlich zu machen. Man muß aber diesen Namen jedem blauen Pigmente gestatten, welches durch die Gährung aus Pflanzen ausgeschieden, und zu einer zerreiblichen Substanz eingetrocknet ist. Denn wer behaupten wolte, wahrer Indig müsse nur aus derjenigen Pflanze gemacht seyn, welsche im botanischen System Indigofera tinctoria genent wird, der würde den Begriff zu. sehr verengen, indem dasjenige, was unsere Kaufleute und Färber für ächten Indig gelten lassen, in verschiedenen Ländern aus so verschiedenen Pflanzen zubereitet wird, daß diese nicht ein mal Arten von einerley Gattung sind. Man erlaube mir, daß ich des fals, so wie wegen der Zubereitung, auf meine Vorbereitung zur Waarenkunde Th. 4. St. 4. verweisen dürfe.
Bis nach Anlegung der Westindischen Colonien, kam aller Indig aus Indien, und bis zur Entdeckung der Farth um Afrika herum, so wie die übrigen Indianischen Waaren, theils über den Persischen Meerbusen, theils zu Lande, nach Babylon, oder durch Arabien, und über das rothe Meer nach Aegypten, und so nach Europa. Bey diesem weiten Transport, da die Waaren nicht a drittura kamen, sondern da sie von einer Nation zur andern gingen, ist es zu verwundern, daß die Kentnissen derselben, die Nachrichten von ihrem Vaterlande, von ihrer Gewinnung und Zurichtung, höchst mangelhaft und fehlerhaft gewesen sind? Ist es zu verwundern, daß Waaren, welche beständig über Arabien kamen, für Arabiens Producte gehalten worden; daß manche Waaren, welche nur Werke der Kunst waren, für rohe natürliche Producte ausgegeben sind? Länger als hundert Jahre kauften die Holländer von den Sachsen den Kobolt und die daraus gemachte Schmalte, und verkauften diese Waare wieder in Indien; da wußten die Indianer, wie und woher die Holländer sie erhielten, eben so wenig, als die Sachsen die letzten Abnehmer und Consumenten kanten. Die wahre Beschaffenheit des Indigs hat ganz Europa nicht ehr kennen gelernt, als bis Europäer ihn aus der ersten Hand nahmen. Zwar ist der Indig noch lange nachher, noch in dem Freyheitsbriefe, den die Bergwerke im Fürstenthum Halberstadt und der Grafschaft Reinstein; im Jahre 1705 d. 23. Dec. erhielten, unter die Mineralien gerechnet worden, auf welche den Gewerken zu bauen erlaubt ward, aber dieß zeugt nur von der individuellen Unwissenheit des Concipienten, auch seiner Obern, wenn sie das von ihnen unterschriebene gelesen haben, und bestätigt den Rath des Ovids:
Disce bonas artes, moneo, Germana juventus,
Non tantum trepidos vt tueare reos.
(1) Dioscor. lib. V. cap. 107. p. 366. reg. [-] Ex Indici generibus vnum sponte naturae provenit, veluti spümamarisve eiectamentum, Indicis arundinbus adhaerescens; alter um dant infectorum officinae, estque purpureus quasi flos aereis innatans cortinis, quem derasum artifices siccant. Optimum porro censendum quod caerulei speciem praebet, atque etiam succosum est ac laeve. Inter medicamenta est, quae leviter adstringunt, et inflammationes ac oedemata rumpunt. Vicera quoque purgat et reprimit.
(2) Plin. lib. 35. cap. 6. § 27. p.688 Ab hoe maxima auctoritas Indico. Ex India venit, arundinum spumae adhaereseente limo; cum teritur, nigrum; at in diluendo mixturam purpurae caeruleique mirabilem reddit. Alterum genus cius est in purpurariis officinis innatans cortinis, et est purpurae spuma. Qui adulterant, vero Indico tinguut stercora columbina, aut cretam Selinusiam, vel annulariam vitro insiciunt. Probatur carbone. Reddit enim, quod sincerum est, flammam excellentis purpurae; et dum funat, odorem maris. Ob id quidam e scopulis id colligi putant. Pretium Indico, XX. in libras. In medicina Indicum rigores et impetus sedat, siccatque vlcera. Fast eben dieses lieset man auch daher in Isidori origin. lib. 19. cap. 7. p. 464.
(3) Foesii oeconomia Hippocratis, Francof. 1588. fol.* pag. 281.
(4) Εγχνλον heißt sonst saftig oder was einen Geschmack hat. Beyde Bedeutungen schicken sich nicht hieber, wo von einer trockenen geschmacklosen Sache die Rede ist, die höchstens nur etwas adstringirendes haben kann. Es muß hier saftartig, oder einen eingetrockneten Saft bedeuten; noch aber habe ich keine andere Beweisstelle dieser Bedeutung finden können. Aber Dioscorides V, 172. p 390 nennet die beste Samische Erde [-], pinguem, mollem, friabilem. So möchte denn wohl πην ζγχυλον eben das seyn was [-], welches letzte Wort hier nur als eine Erklärung, von jemanden beygeschrieben zu seyn scheint.
(5) Man färbte zu Plinius Zeit eine weiße Erde mit Indig, oder auch nur mit Waid, vitro, so wie jetzt die groben Malerlacke und die Pastelfarben gemacht werden, und verkaufte so eine Erde für Indig. Die eine nent er annulariam, und diese wird wohl eine von den Siegelerden seyn, von denen ich Th. J. S. 477. geredet habe. Ich denke, sie ist eben das weiße Pigment, welches Plinius gleich nachher annulare nennet. Annulare quod vocant , candidum est, quo muliebres Picturae illuminantur. Diese Worte finde ich nirgend erklärt, und deswegen erlaube ich mir eine Bermuthung. Ich meine, Plinius nius hat sagen wollen: dieß sey das schöne Weiß, womit sich das Frauenzimmer bemalt oder schmücket. Aber den Sinn der zu nächst folgenden Zeilen habe ich noch nicht errathen können. Solten sie wohl ein Einschiebsel von jemandem seyn, dem es unverständlich war, wie eine Erde mit vitro gefärbt werden konte? Aber dann müßte es ein altes Einschiebsel seyn, weil es schon Isidor orig. XIX, 7. abgeschrieben hat.
(6) Man sehe, wenn man will, physikalisch ökonomische Bibliothek. I S. 587.
(7) Plin. lib. 35. § 12. p. 684: Floridi colores sunt, quos dominus pingenti praestat: minium, Armenium – Indieum. Vitruv. lib. 7. cap. 14. p. 248. Item propter inopiam coloris Indici, cretam Selinusam, aut annulariam, vitro quod Graeci isatin appellant, inficientes, imitationem faciunt Indici celoris. Daß so gelesen werden müsse, hat schon Turnebus adversar. VI, 17. P, 109. (180) angezeigt.
(8) Praktisches Handbuch für Künstler. Aus dem Englischen. Dreßden. 1792. 8. I. S. 91.
(9) Ephemer. nat. cur. Dec. 2. an. 1. p. 282. Rali hist. plani. I. p. 927. Lister de fonsib medic. Angliae. Exercitat. 2. Pharmacop. Wärzenberg. 1. p. 12. Lianei marer. med.
(10) Tavernier Reisen II, S. 12.
(*) Dieß lieset man in Malta vetus et nova a Burchardo Niderstedt adornata. Holmestadil 1659. fol. 1ib. 4. cap. 6. p. 23.: welches Werkchen auch in Graevii thesauro Jaal. VI. p. 3007. eingerückt ist. Plantam coniiciunt in oblongam cisternam ad id paratam. Der Franzos de Beauvais Raseau nennet den Werfasser in L'art de l'indigotier. 1776. fol.*. p. 8. Burchard, worin ihm Krünitz und ein Mitarbeiter der teutschen Encyclopädie gefolgt sind, aber Burchard war nur der vornamen: er hieß Niderstedt, oder wie er sich selbst unterschrieben hat, Niederstedt. Dieser Mann brachte von seiner Reise viele Persianische Handschriften nach Teutschland, welche für die Kön. Bibliothek zu Berlin gekauft sind, wie Oelrichs in der Geschichte dieser Bibliothek. Berlin 1752. 8. * S. 3. meldet. Niederstedt ist übrigens nicht der einzige, der des Maltesischen Indigbaues gedacht hat; auch in Bartholini epist. medicin. cent. I. ep. 53 p. 224 steht: planta glasto, Melitenßbus E[-], hic qudque copiose provent, ex cuius aqua fit color dictus Indago.
(**) Es ist nämlich von dem wasserbleysauren Zin, dessen mühsame Zubereitung Hr. J. B. Richter in seinem Buche, über die neuern Gegenstände der Chemie, St. 2. S. 97 Beschreibt, ganz verschieden.
(11) [-], welches Salmasius (in Solinum pag. 186. b.) wie mir deucht, ohne Noth, in [-] verwandeln will. Ich glaube, es verdiene angemerkt zu werden, daß schon die Griechischen Färber von einer gährenden schäumenden Küpe, wie unsere Färber, gesagt haben, sie habe die Blume, [-]. Bey Hippocrates heißt [-] ein Schaum, der sich oben anstzt Galen erklärt es durch [-]. Man sehe Foesii oeconom. Hippocratis pag. 222. Bey den Lateinern ist flos in diesem Verstande ganz gewöhnlich.
(12) Caneparius de arramentis, Roterodarni. 1718 4. * V, 2. 17. von Hohberg georgica curiosa. B. 7, 64 II. S 87. Valentini museum museor. I. Pag. 225. Pomet Meterialist. I. S. 192.
(***) s. unten
(13) In seiner Ausgabe des Diseorides: Coloniae. 1529. fol. * pag 667.
(14) Plin. lib. 37, 10. sect. 61. pag. 79.
(15) Ich wage es einmal auf mein Buch de historia naturali veterum. Gottingae. 1766. 8. p. 294 zu verweisen, da es doch bey allen Fehlern der jugendlichen Uebereilung, und den vielen Druckfehlern, den Beyfall billiger Kenner, in und außer Teutschland, nicht ganz verfehlt hat.
(16) Lib 35. cap. 6. Atramentum quoque inter factitios (colores) erit, quamquam est et terra, geminae originis; aut enim fulfuginis modo emanat, aut terra ipsa sulphurei coloris ad hoc probatur. Inventi sunt pictores, qui e sepulcris carbones infectos effoderent; fed importuna haec omnia ac novitia; fit enim ex fuligine pluribus modis, resina vel pice exustis, propter quod officinas etiam aedifica vere, fumum cum non emittentes; laudatiffimum eodem modo fit e tedis; adulteratur fornacum balinearumque fuligine, quo ad volumina seribenda vtuntur. Sunt qui et vini faecem ficeatam exeoquant, affirmantque, [-] ex bono vino faex fuerit, Indici speciem iri atramentum praebere. Polygnotus et Myconre, trigynon appellant. Apelles commentus est ex ebore combusto facere, quod elephantinum vocant; apportatur et Indicum ex India, inexploratae adhuc inventionis mih1. Fit etiam apud infectores ex flore nigro, qui adhaeres cit aereis cortinis; fit et e tedis ligno combusto, tritisque in mortario carbonibus. Mira in hoc sepiarum natura, fed ex his non fit. Omne autem atramentum, sole perficitur, li brarium gummi, tectorium glutino admisto, quod autem aceto liquefactum est, aegre eluitur.
(17) Vorbereitung zar waarenkunde. I. S. 327, 349.
(18) perfici ist ein Kunstwort, welches oft von der letzten Arbeit, die eine Waare erhält, gebraucht wird. Vasa sole perficiuntur, wenn die Töpfe geformt sind, müssen sie an der Sonne austrocknen und erhärten. Man sehe Hardouins Register.
(*) Das Gummi oder jeder Leim, womit die Tinte dicker und fester gemacht ward, hieß ferrumen. Man sehe Petron. cap. 162, 15 nach Burmanns Ausgabe 1. S. 72. und II. p. 95
(19) Vitruv. VII, 10. p. 246. Primum exponam de atramento, cuius vsus in operibus magnas habet necessitates, vt sint notae, quemadmodum praeparentur certis nationibus artificiorum adid temperaturae. Namque aedi ficatur locus vti laconicum, et expolitur marmore subtiliter et laevigatur. Arte id fit fornaeula habens in laconicum nares, et eius praefurnium magna diligentia comprimitur, ne flamma extra dissipetur; in formace resina collocatur. Hane auten ignis potestas vrendo cogit emittere par nares inter laconicum fuliginem, quae circa parletem et camerae curvarum adhaerescit, inde collecta parfim componitur ex gummi subacto ad vsum atramenti librarii, reliqua tectores glutinum admiscentes in parictibus vtuntur. Sin auten eae copiae non fuerint paratae, ita necessitati bus erit administrandum, ne expectatione morae res retineatur. Sarmenta aut tedae sehidiae comburantur, cum erunt carbones, extinguantur. Deinde in mortario cum glutino tereantur, ita erit atramentum tectoribus non invenustum. Non minus si faex vini arefacta, et cocta in formace fuerit, et ea contrita cum glutino in opere inducetur, per quam atramenti suavem efficiet colorem, et quo magis ex meliore vinoparabitur, non modo atramenti, sed etiam Indici colorem dabit imitari.
(20) Waarenkunde. I. S. 136.
(21) Lib. 35. 7.
(22) Man vergleiche, wer Lust hat, Rezzonico disquisisiones plinianae. II. p. 327.
(23) Man sehe den dritten Theil dieser Beyträge S. 190, 207, 209.
(*) Galen. de simplic. med faculiar IX. p. 143. ed. Basil. p. 126. Dioscor, V, 183. p. 393. und Parabil. I, 178. p. 48. In den Hippiatr. p. 294. heißt die Tinte [-].
(24) Periplus maris Erythraei pag. 12. ed. Stukii. Genevae, 1577. fol.*.
(25) pag 10: [-]
(26) Nämlich der gelehrte Doctor Willem van Ranouw, welcher zu Amsterdam gelebt hat, und und im Jahre 1723 oder 1724 gestorben ist. Sein Andenken ist mir auch deswegen werth, weil er das Studium der Technologie empfohlen hat. Sein Buch hat den Titel: Kabinet der natuurlyke historien, wetenschappen, konsten en handwerken, wovon seit dem Anfange des Jahrs 1719 bis 1727. acht Theile in Kleinoctav zu Amsterdam gedruckt sind. Manche Theile sind mehr mal aufgelegt worden. Der achte ist, nach des Verfassers Tode, von einem ungenanten, durch dasjenige Stück beendigt worden, welches den Titel hat: Slot van het kabinet der nat. hist. Im Jahre 1732 ist ein gutes Register zu dem ganzen Werke erschienen: Register vor alle de deelen von her kabiner - -– door P. van der Meersch, welches also den neunten Band ausmacht, aber meinem Exemplar, welches ich aus der Bücherauction des Ornithologen p. G. G. Möhring gekauft habe, fehlt. Im siebenten Theile findet man eine zwar weits schweifige, aber doch lesenswürdige Abhandlung über die Geschichte, Gewinnung und Nutzung des Indigs.
(27) Perip. m. Erythr, psg. 3.
(28) Exercitar. Plin. pag. 876. b, und in den Anmerkungen in Flavium Vopiscum pag 398. nach der Ausgabe der Historiae augustae. Parisiis 620. fol: *.
(29) pag. 2. [-].
(30) De compost. pharmac. secundum locos. lib. 4: cap. 4. in der Baseler Ausgab von 1538. II. pag. 207: [-] Habet autem et quod armenium vocatur, ex tergendivim, quemadmodum et atramentum Indicum appellatum, et ob id sane ulceribus inflammatione carentibuse citra molestiaum ad hibetur. Edit. Gesn. class. V. p. 304.
(31) In dem angeführten Buche IV, 7. ed. Basil. p. 218. ed Gesn, p. 314.
(32) Salmasii emerrirat Plin. p. 908. a.
(33) Man sehe oben S. 10.
(34) Paul Aeginetae libri VII. Basileae I538. sol* pag. 246. lib. 7 [-]. Pauli Aeg. pharmaca simplicia, Othone. Brunfelsio interprete. Argentorati 1531. 8.* pag: 45. a. Melan indicum, vt inquit Dioscorides, ex facillime re frigerantibus est, phlegmonasque et oedemata rumpentibus vlcera removentibus.
(35) Parabilium lib. I, 161. p. 43.
(36) Salmasius in Homonymis hyl.intr. p. 177 und in Exorcitat. Plin. p. 310 b. und p. 936 b. hat diese Worte daraus beygebracht: [-]. Von den Handschriften des Zosimus, der gemeiniglich Panopolita gement wird, sehe man Fabricii bibl. gr. VI. p. 612, 613 und XII. p 748, 761. Möchte ich doch die Ausgabe derselben erleben! Gewiß werden sie viele Aufklärungen zur geschichte der Künste darbiethen. Ich kan mich des Zosimus, welche Salmasius S. 810. b. angeführt hat, aufmerksam zu machen: [-]. Hier scheint λακχας würklich eben das zu seyn, was ινδικον, und vielleicht ist darunter der aus der Blüthe der Küpe ausgeschiedene India zu verstehn. Merkwürdig ist auch, daß Zosimus die Indigfärber λαχωται und ινδικοβαφοι nennet; vielleicht um sie von den Watdärbern zu unterscheiden. So wäre denn der berüchtigte Unterschied zwischen Waid- und Indigfärbern uralt.
(37) In der Ausgabe einiger Arabischen Aerzte, welche Brunfels zu Strasburg 1531. fol.* hat drucken lassen, Seite 396.
(38) Avicennae canon medicinae. – Venetiis apud Juntas 1008. fol. * II p. 237 lib. 4. fen. 7. tract. 1 cap, 10: Indicum quidem Indum bonum est, velocioris tincturae, sed est vehementus, faciens colorem pavonis et flavitatem. Et Indicum Carmenum est minus tingens et tardius, verum eius tinctura est declivis ad nigredinem, et non est multitudo coloris pavonis in ea.
(39) de homon. hylesiatricas cap. 107. pag. 178b.
(40) Pag. 432.
(41) In Brunfels schon angeführter Samlung Seite 61.
(42) ebendaselbst S. 348.
(43) Antiquitates Italiae mediiaevi. II. pag. 894. unten.
(44) Lib 3. cap. 31. p. 150: Crescit etiam ibi herba quaedam, vnde fit color, quo tinctores vtuntur, vulgo Endici dictus; quae primum in vasis aqua repletis humectatur, et deinde in sole torrefacta in minutas dividitur partes, qualis ad nos inferri solet.
(45) Im dritten Theile des im zweyten Bande S. 117. angeführten Buches: Della decima e di varie altre gravezze imposte di Firenze, Lisbona e Lucca 1766. 4. * Durch einen Druckfehler ist in Sprengels Geschichte der geographischen Entdeckungen der Namen allemal Pegoletti geschrieben; daher ist dieser Fehler auch in Fischers Geschichte des Teutschen Handels übergegangen.
(46) S. 65, 73, 296, 371.
(47) S. 113, 296.
(48) S. 65, 296.
(49) S. 296.
(50) S. 15.
(51) S. 57, 73.
(52) S. 315.
(53) Seite 371, Indaco di Baldacca detto baccaddeo vuol essere in piccoli pezzolini nè troppo grosli, nè troppo piccioli in questo modo+, e quando rompi gli suoi pezzolini, la sua pasta dentro vuol' esser sottilissima, e fissa, e a che penda alquanto in colore violetto; e se tiene del coronato, vale tanto meglio: e il coronato si è, che quando l'uomo rompe il pezzolino dell' Indaco, ed e'mostra nella sua rottura, poichè è rotto, intra l'uno pezzo e l'altro nelle facce della sua rottura a modo d'una gentile, e sottile meffa, e quello che mostra in questo modo, s'appella coronato, e non è però in ciaseuno pezzo d'indaco, ma pare, che ne trovi del cofie fatto, e i pezzi dell' indaco vae tra esso de' piue grandi, e de piue piccoli, che non sono quelli, che qui di sopra t' ho mostrato, ma questi si mostrano par assemplo.
Incaco di Cipri si è grassa cosa, e vale in torno d'uno quarto di ciò, che vale il buono indaco di Baccaddeo, ed è fatto in panellini piani di sotto, e acuti di sopra in questo modo Δ, et rattorto in poco; e quanto è più leg iere, e più in colore d'indaco, e netto di foglie, e di pattume, che alcuna volta ene appastato con esse, tanto è migliore.
(*) Ramusio: viaggi 1613. I. p. 342. A.
(54) Versuch einer Geschichte der Färberkunst. Stendal. 1780. 8* S. 69.
(55) Anleitung zur Technologie, in der vierten Ausgabe S. 123. Jetzt kan ich hin zusetzen, daß Roso in Memorie della societa Italiana. Verona. 1794. 4* VII. p. 251 auch die Ausgabe: per Francesco Rampazetto von 1540 in 4 anführt. In Aldrovandi dendrologia. Francofurti. fol. (1671)* pag. 432 wird das Buch unter dem Namen Plicto angeführt.
(56) Weil die Ausgabe von 1548, welche ich aus der Universitätsbibliothek vor mir habe, keine Seitenzahlen hat, so nenne ich die Ueberschriften der Abschnitte: A tengier le sede de cauallo azurre. A far vna pelle o piu de color azurro. A tenger de color azuro. A far pelle azurre. In dem Urkundenbuchewelches der Erzbischof Testa von Monreale seinem Werke de rebus Friderici II. angehenkt hat, steht Nr. 15. eine Urkunde, worin der Kayser den Sicilianern große Freyheiten verliehen hat, und darin sollen von ihren Indigfärberenen gute Nachrichten vorkommen; aber dieses Buch habe ich noch nicht erhalten können.
(57) Itinerarium Benjaminis, cum notis Const. L'Empereur. Lugd. Batav. 1633. 8* pag. 18, 20, 38, 41, 48, 5O, 5 I, 52, 58.
(58) Cajetani Cenni monumenta dominationis ponsificiae. Romae 1761. 2 vol. in 4. * II. Pag 180: Tingta Judaeorum.
(59) So führt du Cange aus einem Diplom des Kaysers Friedrichs II. von 1210 an: Donamus totam tinctam nostraun ipsius civitatis nostrae Panormitanae, quae fit et fieri potuerit in futuro, cum fundico et omni iure, et libertate sua. - Omnia iura ipsorum Iudaeorum et redditus ipsius tinctae. Aehnliche Ausdrücke sind von du Cange unter Tintoria angeführt, aus einem Diplom Carls II. Kön. von Sicilien.
(60) Ramusio p. 323. C: Endego vero et buono val la farazuola, fanoes XXX. Farazuola, oder wie es Ramusio auch zuweilen geschrieben hat, farazola, ist das in Calicut gebräuchliche Gewicht, welches in unsern Wörterbüchern Farcell, farezella, faratella heißt. Unter fanoes ist die Münze zu ver stehn, welche unsere Wörterbücher fanos, fanon, fano nennen. Wer etwa den Preis verstehn will, dem kam die Erklärung dienen, welche Barbosa bey dem ersten Artikel seines Verzeichnisses angebracht hat, wozu Ramusio das, was in Klammern eingeschlos sen ist, hinzu gesetzt hat. Lacca di Martabani, che sia buona val la farazuola, che è libre XXII et sei oncie, et mezzo di Portogallo d'oncie 16. la hbra, (che sono circa lire XL alla sottile di Venetia) XVI fanoes, (ehe sono XVIII. marcelli d'argento, per ehe un fanoes vale un marcello d'argento in circa.)
(*) Totius Belgii descript. Amstel. 1660 12.* I. p. 242: color Indicus, quem Luftani dicunt anil. Gelegentlich bitte ich, im dritten Bande S. 29. die Jahrzahl 1540, welche das Todesjahr des Francisci Guicciardini ist, in 1589 zu verbessern. Diese beyden Schrift steller sind nicht selten verwechselt worden.
(61) Schrebers Beschreibung des Waidtes. Halle 1752. 4.* S. 105.
(62) ebendaselbst S. 114 u. 115 im Anhange.
(63) Diese Lebensbeschreibung ist zweymal italienisch und ein mal französisch einzeln gedruckt worden. Diese Ausgaben habe ich nie gesehn. Man vergleiche Meusel biblioth. histor. 3, I. p. 261. Sie ist aber auch in des Barcia historiadores primitivox ae las India occidentales Madrid 1749 fol. und zwar im ersten Bunde, wiederum abgedruckt worden, und diese höchst schätzbare Samlung hat unsere Universitäts Bibliothek. Da lieset man im letzten Abschnitte S. 61. unter den Produkten der Insel genant: minas de cobre, anil, ambar u. s. w. Eine englische Uebersetzung dieser Lebensbeschreibung steht in der bey Churchill gedruckten Collection of voyages and travels II. p 621; aber daselbst sind jene Wörter so übersetzt worden: mines of copper, azure and amber.
(64) Rerum medicarum novae Hispaniae thesaurus. Romae 1651 fol. * lib, IV, 12. p. 102. Eben dieses lieset man mit denselbigen Worten in Nierembergii histor. naturae, Antverpiae 1635. fol. * pag 339. Man vergleiche auch Ioh de Laet novus orbis. Lugd. Bat. 1633. fol.* pag 30.
Es sey mir erlaubt, hier gelegentlich auf eine mir schon ein mal gemachte Frage zu antworten: wie hat Nieremberg aus dem Hernandez abschreiben können, der 16 Jahre später gedruckt ist? Hernandez hatte in der Handschrift 24 Bücher und 11 Bände Zeichnungen. Das Werk schien dem Könige Philipp II zu groß; er trug seinem Arzt Nardo Anton. Recchi, einem Neapolitaner, auf, einen Auszug zu machen. Diesen über setzte Franc. Ximenez, ein Dominicaner, ins Spanische, und lies ihn 1651 zu Mexico in 4. drucken, und nur dieser Auszug ist 1651 zu Rom lateinisch gedruckt worden. Der Jesuit Nieremberg, von teutschen Aeltern zu Madrid gebohren und daselbst Profess der Geschichte, konte die damals noch in der Escurialischen Bibliothek vorhandenen, nun aber durch Brand verlohrenen Handschriften des Hernandez brauchen, die er auch Lib. 1. cap 15 p.10 anführt. S. Clavigero in Storia del Messico. II. p. 211. Was Joh. de Laet aus dem Hertrandez hat, das hat er, wie er selbst sagt, aus der spanischen Uebersetzung des Ximenez. Man verbessere oder ergänze hiemit Halleri bibl. botan. I p. 49 u. 452.
(65) Storia antica del Messico. In Cesena 1780. 4 Theile in 4.* II. p 89: Sig. Raynal afferma, che questa pinta futraspiantata dall' India orientale nell' America, e che avendonc fatta sperienza in parecchi paesi, si stabil la coltura della medesima nella Carolina, nella Spagnuola, e nel Messico. Ma questo è uno de' molti abbagli di quel filosofo. Ci constis per la testimonianza di Don Ferd. Colombo, che una delle piante proprie della isola Spagnuola era quella dell’ Indaco. Sappiamo ancora per la testimonianza degli storici del Messico, e singolarmente del Doct. Hernandez, che gli antichi Messicani si servivano dell' Indaco. Tra tauti storici del Messico da me veduti non ho trovato nè anche uno, che abbia creduta straniera quella pianta.
(66) Encyclop. 29. S. 548. Eben dieß ist auch in die teutsche Encyclopädie einges rückt worden, B. 7 S. 38
(67) Seine seltenen Schriften stehn in der Samlung des Barcia B 2.
(68) Geschichte des Handels vII. S. 390. wo aber 1740 ein Druckfehler ist.
(69) Man sehe Th. I. S. 130.
(70) Alle diese Reichsabschiede stehn in Schrebers Beschreibung des Waidtes. Halle 1752. 4. * in den Beylagen. S. 1, 2.
(*) Observations sur la physique, par Rozier. III. 1774. pag. 183.
(71) ebendaselbst S. 9.
(72) ebendas Hauptst. v. S. 122.
(73) S. 3.
(74) S. 11.
(75) Gatterers technologisches Magazin. I, 2. * S. 256.
(*) Le guide du commerce de l'Amerique par le port de Marseille. A Avignon. 1777. 4* I. Pag. 366.
(76) S. Hellots Abhandlung aus Memoires de l'acad. à Paris année 1740. im Hamburg. Magaz. I, 5. S. 42.
(77) The statutes a large. Vol. II. Lond. 1735. - fol. * p. 250: - except the same (nämlich die Wollenwaare) be first grounded with woad only, or with woad and a Nele, alias blue Inde.
(78) Marpergers Beschreibung des Hutmacher-Handwerks. Altenburg. 1719. 8.* S. 85.Was Dioseorides [ινδικον] und Plinius und Vitruv indicum nennen, das halte ich fast mit Ueberzeugung für unsern Indig (1). Es war ein blaues Pigment, welches sowohl zur Malerey als Färberey gebraucht ward, und aus Indien kam. Ward es zerrieben, so gab es ein schwarzes Pulver, und ward es verdünnet, so gab es eine angenehme Mischung von Blau und Purpur. Es gehörte zu den kostbarsten Farben, und ward deswegen, durch Beymischung einer Erde, nicht selten verfälscht. Eben deswegen ward dasjenige, welches weich, nicht rauh war, und einem (eingekochten) Safte glich, vorzüglich geschätzt. Plinius (2) meinte, man köntte das ächte vom verfälschten bey der Verkohlung unterscheiden, indem jenes eine Flamme von vorzüglicher Purpurfarbe, und einen Rauch vom Geruche nach Meerwasser gebe. Er und Dioscorides reden von zwey Arten; die eine setze sich, wie ein Meerschaum oder Schlamm, an Schilf oder Rohr an; die andere aber werde, sagt Dioscorides, als ein purpurfarbiger Schaum in den Färbereyen von den Färbekesseln abgenommen; dagegen Plinius ausdrücklich bemerkt, es werde auf diese Weise in den Purpurfärberenen gesamlet. Jener meldet noch, daß das Indicum zu den adstringrenden Arzneymitteln gehöre, auch bey Entzündungen und Geschwülsten diene, und Wunden reinige und heile.
Dieß ist alles, was man so viel ich jetzt weis, von Indicum bey den Alten findet. Ich habe es so genau, als mir möglich gewesen, angegeben, auch nichts verschwiegen; und ich setze, um die Vergleichung und Beurtheilung zu erleichtern, die eigenen Worte der Schriftsteller ganz hierher. Es ist wahr, daß noch an andern Stellen ein indicum genant wird, welches aber gewiß von jenem unterschieden ist; zum Beyspiel das μελαν ινδικον des Arrians und das ινδικον des Hippocrates. Von jenem will ich hernach besonders handeln, und von letztem, welches Pfeffer zu seyn scheint, sehe man den unten angeführten Schriftsteller nach (3). Es ist gar nicht zu verwundern, daß dieser Namen mehrerley indianischen Waaren gegeben ist, da wir ja selbst noch mancherley Früchte, Blumen, Kräuter, Hühner, Enten und andere - Sachen indianische nennen. Freylich waren die Alten nicht so vorsichtig, die vielerley ινδιχα immer durch einen Zusatz zu unter scheiden; auch konten sie erwarten, daß ihre Zeitgenossen leicht aus dem Zusammenhange die gemeinte Art verstehen würden; jedoch ihre spätern Ausleger haben meistens nur an eine Art gedacht, und sind dadurch in Irrungen gerathen, welche ich zu verbessern suschen will.
Alles was die Alten von Indicum melden, scheint mit unserm Indig überein zu kommen. Das eigentliche Vaterland dieser Waare ist Indien, namentlich Gudscharat oder Gutscherad und Cambaye oder Cambaya. Von daher ist er seit den ältesten Zeiten nach Europa gebracht worden; man findet ihn durch alle Jahrhunderte von Zeit zu Zeit genant; nie wird er als eine neue Waare auf geführt, und immer hat er seinen alten Namen behalten, welches ein Beweis von dem ununterbrochenen Handel und Gebrauch zu seyn scheint.
Es ist wahr, was die Alten sagen, daß das Pulver des guten Indigs schwärzlich, aber die Tinctur desselben theils blau, theils purpurfarbig ist, nur muß man unter Purpur das angenehme Violet, nicht, wie doch oft geschieht, unser Scharlachroth verstehn. Es ist wahr, daß guter Indig weich ist, oder zerrieben sanst anzufühlen ist (4); er schwimmet auf dem Wasser, und auch jetzt wird er, wie zur Zeit des Plinius, durch Beymischung einer Erde, gemeiniglich, wie es scheint, durch fein zerriebenen Schiefer, verfälscht und schwerer gemacht (5). Auch ist wahr, daß man bey der Verkohlung die Aechtheit entdecken kan. Der reine Indig verbrennet ganz, hinterläßt nur Asche, aber der unreine mehr Erde. Vielleicht hat Plinius diese Feuerprobe nicht recht verstanden, und hat das, was er von der Farbe der Flamme und dem Geruche des Rauchs meldet, nach seiner Vermuthung hinzugesetzt, nur um die Probe nicht unerklärt zu lassen. Jedoch kam es wohl seyn, daß diejenigen, welche den Indig für Meerschaum hielten, noch den Geruch des Meers wassers zu bemerken geglaubt haben. Hat doch noch ein neuer Naturforscher an den Versteinerungen, weil er sie von der Noachischen Sündfluth ableitete, noch das Meerwasser, nach so vielen Jahrtausenden, zu riechen gemeint (6).
Theuer mußte das Indicum wohl seyn, wegen des weiten Transports zu Lande; deswegen gehörte es zu den Pigmenten, welche die alten Maler, oft armselige Sklaven, nicht vorräthig zu haben pflegten, sondern ihnen von denen geliefert werden musten, für welche sie Gemählde verfertigen solten (7). Theuer ist auch unser Indig immer gewesen, nur nach dem er in Westindien, so lange nämlich dort gutes Land nicht selten war, und der Sklavenhandel das Arbeitslohn verringerte, gewonnen ward, fiel der Preis, der jetzt, nachdem das Land entkräftet ist, wieder zur alten Höhe hinaufsteigt.
Man wundere sich nicht, daß die Alten den Indig, den jetzt nur die Färber brauchen, auch zur Malerey angewendet haben. Das zu hat er gedient bis zur Erfindung der Oehlmalerey und des Berlinerblaues, der Schmalte und anderer besserer Pigmente; auch noch jetzt brauchen ihn zuweilen die Staffirmaler zu Landscgaften, zu Blasgrau; aber Oehl leidet er nicht (8). Was die Arzneykräfte des Indigs betrift, so kan ich wenigstens ans zeigen, daß die Versuche, welche darüber, am Ende des vorigen und im Anfange des jetzigen Jahrhunderts, gemacht worden, dasjenige, was Dioscorides von seinem Indicum rühmt, bestätigt haben. Es war einmal eine Zeit, da jener sehr empfohlen ward (9). Jeßt kennen unsere Aerzte kräftigere und reinere Mittel als Indig, dessen innerer gebrauch, auch wegen der kupfernen Geräthe, worin die gegohrene Masse zubereitet wird, bedenklich seyn muß.
Daß die oft angeführten Schriftsteller die Zubereitung des Indigs nicht gekant haben, das ist freylich nicht zu leugnen. Ein Wunder würde es auch gewesen seyn, wenn die Wahrheit auf einem so weiten Wege, durch das Gebiet so mancher Völker und Sprachen, und durch das Interesse der Kaufleute, bis zu den Griechen und Römern, ohne durch Fabeln entstellet zu seyn, gekommen wäre. Gleichwohl deucht mir, blickt sie noch durch dieselben hervor, und vermuthlich würden wir sie noch deutlicher erkennen können, wenn uns jetzt die älteste Weise der Indigbereitung bekant wäre. Ich meine, in dem Ansaße des Schlammes an Rohr, den hohen Grad der Gährung, den Anfang der Fäulung, ohne welche das Pigment nicht ausgeschieden werden kan, zu bemerken. Wer weis, ob man nicht in den ersten Zeiten die Indigpflanzen in einen Graben, oder in stehendes Wasser gelegt hat, so wie unsere Landluete Lein und Hanf röthen; wer weis, ob man sie nicht nach der Anfäulung herausge zogen, und alsdann die angesetzten Färbetheile abgespühlt und gesamlet hat. Freylich möchte man auf diese Weise nicht viel erhalten haben; freylich macht mans jetzt klüger, aber so sind alle Künste almälig verbessert worden. Kratzten doch die alten Einwohner der Canarischen Inseln das Land mit Ochsenhörnern um, weil sie nicht den Spaten, viel weniger den Pflug, kanten. Jene Vermuthung kan ich wohl etwas wahrscheinlicher dadurch machen, daß ehemals in manchen Gegenden von Indien die Pflanzen in große Gruben (10), und auf Malta, wo Indig noch im siebenzehnten Jahrhunderte gebauet worden, in Behälter oder Bassins zur Gährung eingelegt worden (*). Ist so etwas in den ältesten Zeiten üblich gewesen, so sieht man wohl, wie man hat fabeln können, Indig sey ein Schlamm, der sich aus dem Wasser au Rohr absetze, als wofür die abgestreiften Indig pflanzen scheinen angesehn zu seyn.
Dioscorides redet noch von einer andern Art Indig, welche der getrocknete purpurfarbige Schaum der Färbeküpen seyn soll. Meine Vorgänger haben diese Nachricht als einen Irthum, der vielleicht aus einer Vermuthung, oder aus Misverstand entstanden, oder absichtlich von Kaufleuten veranlaßt sey, angesehn, und haben sie keiner Untersuchung: werth gehalten. Aber ich kan mich nicht ent halten anzumerken, daß man allerdings auf diese Weise ein blaues Pigment, und noch dazu, wenn alles gehörig gemacht wäre, ein gar feines Pigment, hätte erhalten können. Das wäre zwar kein Indig im eigentlichsten Verstande gewesen, aber doch gewiß ein ähnliches brauchbares Pigment. Würklich wird das feine theure Pulver, was jetzt unter dem Namen blauer Carmin verkauft wird, dessen Zubereitung, so viel ich weis, noch nie mand öffentlich bekant gemacht hat (**), aus dem abgehobenen Schaum einer blauen Färbebrühe gemacht, in dem nämlich die feinsten Färbetheilchen hängen bleiben. Der Schaum oder die Blume einer Blauküpe, welche, wie die Färber sagen, angekommen ist und treibt, spielt mit mancherley Farben, unter denen man nicht selten den alten Purpur bemerkt, deswegen er ganz wohl purpur färbig (11) heißen kan. Ich sehe nicht ein, warum man nicht dem Dioscorides glaube dürfe, daß schon zu seiner Zeit auf diese Weise ein blaues Pigment gemacht und Indig genant sey; zumal da man Beweise hat, daß die Waidfärber, am Ende des sechszehn ten Jahrhunderts, von ihren Küpen eine Farbe abgesondert, und stat des theuren Indigs verkauft haben (12). Zudem lieset man (***), daß auf gleiche Weise, auch in den SchwärzFärberenen, der Schaum zu einem feinen schwarzen Pigmente, schon in den ältern Zeiten, gesamlet ist; es scheint also dieß überhaupt in allen Färberenen üblich gewesen zu seyn: Plinius, welcher sagt jener Indig werde in den Purpurfärbereyen gemacht, scheint den Dioscorides misverstanden, oder sich übereilt zu haben; aber gewiß hat man doch auch in den Purpurfärbereyen den Schaum samlen, und zu einem purpurfarbigen Carmin eintrocknen können.
Weil die Europäer erst in neuern Zeiten die Beschaffenheit des Indigs kennen gelernt haben, so darf man sich nicht wundern, daß die alten Ausleger jener Schriften sich, in Erklärung jener Stellen, geirret haben, und ihr Urtheit kan meiner Meynung nicht zum Vorwurf gereichen. Diejenigen, welche dieser am nächsten gekommen sind, Sarazenus, Mathiolus, Salmasius u. a. reden so, als ob Indig aus unserm Waid gemacht würde, der doch in Indien nicht wächst. Vom Waid redet auch Dioscorides in einem besondern Abschnitte. Marcellus Vergilius sagt, daß Dioseorides den Indig gemeint habe, sey gewiß, und diese Waare sey so allgemein bei kant, daß es nicht der Mühe werth sey, davon zu reden. Gleichwohl scheint nicht gekant zu haben, sonst würde er wohl die fehlerhafte Ueberschrift [-] verbessert haben (13). Diese rührte von den alten Abschreibern her, welche das Indicum nicht kanten, und deswegen nur an die gemma Indica dachten, wovon Plinius (14) redet. Aber darin hat Vergilius Recht, daß es den Purpurlack, von dem nicht Dioscorides, wie er zu glauben scheint, sondern Plinius redet, nicht mehr geben kan, seit dem die Purpurfärbereyen eingegangen sind.
Ich habe mir längst die Regel vorge schrieben und andern empfohlen (15), bey Erklärung eines Gegenstandes, wovon die Alten reden, nie, ohne den strengsten Beweis, anzunehmen, daß unterschiedene Benennungen einerley Gegenstand bedeuten. Es ist wahr, man hat sich dieß oft erlaubt; man kan dadurch das wenige, was von einer Sache nur unter dem einen Namen vorkömt, vermehren; man kan dadurch der Vermuthung mehr Gründe, dem Witze mehr Spielraum erzwingen; aber man kan auch in grundlose Erklärungen versinken, und auf Behauptungen gerathen, welche, sie mögen noch so zu versichtlich und vornehm gelehrt vorgetragen seyn, bey vorsichtiger Untersuchung als uns wahr oder höchst unwahrscheinlich erkant werden. Nach dieser Regel habe ich mich gehütet, mich nicht durch das Ansehn meiner Vorgänger verführen zu lassen, das Indicum und das Indicum nigrum, [-] der Alten, für einerley anzusehn. Jetzt bey genauer Untersuchung, lerne ich, daß dieses nicht blos durch das Beywort von jenem vert schieden ist, daß es gar nicht Indig, sondern Tusch, Chinesische Tinte, oder wie die Holländer sagen, Indianische Tinte bedeutet. Um dieß zu beweisen, muß ich die ganze Stelle des Plinius, worauf hiebey alles ankömt, im Zusammenhange beybringen, und vielleicht machen die kleinen Erläuterungen, die ich einschalten kam, diese Weitschweifigkeit den Liebhabern ähnlicher Untersuchungen erträglich. Plinius (16) erzählt alle Materialien, welche zu seiner Zeit zur schwarzen Tinte gebraucht wurden. Dahin rechnet er zwey vitriolische Substanzen, einen Schlamm oder Grubenschmant (salsugo), und eine gelbe vitriolische Erde, (welche sonst misy genant ward). Solche Mineralien waren gebräuchlich, so lange man noch nicht das Salz daraus auszulaugen und zu crystallisiren verstand, oder so lange man noch keine Vitriolsiedereyen hatte. Ferner nenneter Kienruß, den man schon damals in besonders dazu er baueten Hütten, welche Vitruv beschreibt, schwelete, in welchen der Rauch des schwelenden Kienholzes, so wie noch jetzt, in eine verschlossene Kammer geleitet ward. Allerdings ist es eine Verfälschung, wenn Ruß aus Bädern und andern Orten, wo ein offe nes Feuer von allerley Holz unterhalten wird, zugemengt wird. Merkwürdig ist, daß man damals schon längst das Hefenschwarz, le noir de vigne, gemacht hat, welches noch jetzt unsere Künstler, besonders die Kupfer drucker, für das schönste Schwarz halten. Teutschland hat bisher das meiste aus Maynz über Frankfurt erhalten, deswegen es auch Frankfurter Schwarz heißt; etwas wird auch zu Kitzingen, zu Markbreit und München gemacht. Die Weintrestern werden dazu in einem verschlossenen Feuer verkohlet, fein gemalen und dann in Tonnen gepackt. Plinius merkt an, es werde versichert, man könne daraus ein Schwarz erhalten, welches für Indig gelten könne. Noch ein anderes Pigment sey Beinschwarz, verkohltes Elfenbein, welches noch jetzt vorzüglich geschätzt wird (17). Außer dem, fährt er fort, er hält man aus Indien den Indig, dessen Bereitung er noch nicht habe erforschen können; aber ein ähnliches Pigment werde aus dem schwarzen Schaume der Küpen, nämlich wo schwarz gefärbt wird, gemacht, so wie auch ein anderes aus fein zerriebenen Klemholzkohlen. Auch der Tintenfisch giebt, sagt er, ein Schwarz, was aber nicht hieher gehört. Zuletzt setzt er noch hitzu: jedes schwarze Pigment werde durch die Sonne erst recht volkommen (18), nachdem nämlich zum Schreiben Gummi, zum Ansreichen Tischlerlein hinzugesetzt worden. Aber was mit Essig angemacht werde, sey haltbarer und lasse sich nicht so leicht wieder abwaschen. Alles ganz wahr! Auch unsere Tinte verbes sert sich sehr, wenn man sie in flachen. Gefäßen dem Lichte der Sonne aussetzt. Daß aber Sig die Schwärze fester mache, wissen unsere Cattundrucker sehr wohl, und wer gute Tinte haben will, der nehme, wie ich, dazu klaren gebraueten Bieressig. Eben so wahr ist, daß jedes schwarzes Pigment, was nur mit Gummi oder Leimwasser angemacht ist, sich wenigstens mehr und leichter wieder durch Wasser abnehmen läßt (*).
Vieles von dem, was bisher aus dem Plinius heygebracht ist, lieset man auch bey Vitruv (19). Auch er nennet die Kienrußhütten, das Beinschwarz und sagt ausdrücklich, wenn letztes gut gemacht würde, so sey es nicht nur eine gute schwarze Farbe und Tinte, sondern komme sogar dem Indig nahe.
Nun möchte ich wohl fragen, ob es jes manden, wahrscheinlich seyn könne, daß der gelehrte Plinius und der praktische Kenner der Mahlerey, der Baumeister Vitruv, unsern blauen Indig für ein Pigment haben ansehn und angeben können, welches wie Kienruß zur schwarzen Farbe und Tinte dienlich wäre? Ist es glaublich, daß Plinius, wenn er dort den blauen Indig gemeint hätte, würde gesagt haben, er habe dessen Zubereitung nicht ergründen können, die er doch, nach wenigen Zeilen, so wie er sie zu wissen glaubte, ausführlich angezeigt hat? Hätten Plinius und Vitruv, wenn ihnen nur der schwarze Indig bekant gewesen wäre, bald hernach melden können, in Ermangelung des kostbaren Indigs nehme man eine mit Waid - gesätigte, also blaue Erde? Ist nicht hier von einem blauen, so wie oben von einem schwarzen Pigmente die Rede? Ist es also nicht offenbar, daß damals ein schwarzes und ein blaues Pigment aus Indien den Namen Indig gehabt hat? und wenn dieß ist, ist es , nicht höchst wahrscheinlich, daß der schwarze Indig dasjenige gewesen ist, was jetzt India nische Tinte oder Tusch heißt, welcher dem feinsten Beinschwarz und Hefenschwarz so nahe kömt, daß noch jetzt manche dadurch den Tusch nach zu machen meinen, auch würklich - damit unkundige Käufer täuschen (20). Tusch ist in Indien von algemeinem Gebrauche, und wahrscheinlich von den ältesten Zeiten her. Denn in Indien sind fast alle Produkte oder Waaren der Kunst uralt; ich will sagen, es sey gar nicht wahrscheinlich, daß Tusch eine neue Indianische Erfindung sey, obgleich er vielleicht, vornehmlich von den Chinesern, verbessert seyn mag.
Eine Verngchselung der beyden Indige war zwar in de Zeiten nicht möglich, da jeder Maler und Krämer es wissen mußte, es gebe einen blauen und einen schwarzen; aber doch ist mir eingefallen, ob nicht auch in den Schriften der Alten zuweilen der Undeutlichkeit, durch Zusatz eines Beyworts, vorgebengt sey. Ich glaubte auch einmal, selbst beym Plinius (21), diese Vorsicht gefunden zu haben, nämlich da wo er allerley Farben nennet: purpurissim, Indicum ceruleum, melinum, auripigmentum; cerussa; da dachte ich, unsern Indig durch das Beywort ceruleum vom schwarzen unterschieden zu finden. Aber diese kleine Freude hat mir Hardouin dadurch verdorben, daß er zwischen Indicum und ceruleum ein Comma gesetzt hat, welches manche gute alte Ausgaben nicht haben; z. B. nicht dieElzevirsche in 12. vom Jahre 1635 u. a. wiewohl es auch schon in einigen ältern vorkömt, z. B. in der vom J. 1507. in fol. welche die nächste classische Ausgabe nächst der von Hermolaus Berbarus ist; im gleichen in der Baseler von 1535. fol. welche eigentlich die vierte Baseler Ausgabe ist, obgleich sie von Fabricius die zweyte und von Herdouin die erste genannt wird (22), Ich kan auch dieß Comma nicht wegschaffen; indem es unläugbar ist, daß ceruleum der gewöhnliche Namen der blauen Kupferocher, des Bergblaues ist (23). Wir wollen sehen, ob mir die Bemerkung wahr bleibt, daß die Griechen nicht selten schwarzen Indig genant haben, wenn sie den schwarzen und nicht den blauen andeuten molten.
Die Benennung schwarzer Indig kömt bey Arrian, Galen, Paulus von der Insel Aegina und vielleicht bey noch mehren griechischen Aerzten vor, und da die lateinischen Schriftsteller einen Indig, der schwarz färbte gekant haben, so hat man wohl Recht zu vermuthen, daß eben dieser das ινδικον μελαν der Griechen sey, wie wohl ich diese Benennung lieber durch Indianisches Schwarz über setzen möchte, so wie wir sagen; Berliner blau, Römischroth, Neapelgelb, Braun schweigisches Grün, Spanischgrün oder Spans grün u. sw. oder ich möchte es auch eben so gern durch Indianische Tinte überseßen; denn μελαν ohne Zusatz, oder μελαν, ω γξαφομεν, oder μελαν, γξαφιχαν hieß die schwarze Tinte (*) So heißt sie im Platteutschen Black, Schwarz, welches Wort seine eigentliche Bedeutung noch im Englischen behalten hat. Arrian (24) nennet es unter andern Indianischen Waaren, aber den eigentlichen Indig finde ich von ihm gar nicht genant, wie man denn auch nicht befugt ist, bey ihm ein vollständiges Waarenverzeichniß zu erwarten. Zwar kömt bey ihm ινδικον noch ein mal vor, aber da ist es ein Beywort zu einer andern Waare. Er newnet Zinnober, und setzt hinzu, er meine denjenigen, welchen man den Indianischen nenne, und der, wie Gummi, von Bäumen erhalten werde. Ich vermuthe, er hat das Drachenblut welches damals, der Farbe wegen, Zinnober geheißen hat (25).
Es hat jemand (26) die Bermuthung gehabt, daß das, was bey Arrian (27) λακκος κξαματ[-]ος heißt, unser Indig sey, der freylich wohl zu den Malerlacken, bey der jetzigen Bedeutung dieses Worts, gerechnet werden könte; dagegen andere darunter Gummilack verstehn wollen. Aber ich kenne noch keinen Beweis, daß in so alten Zeiten schon Gummilack bekant gewesen ist; ich zweiste, daß diese Bedeutung des Worts Lack so alt sey, und ich muß gestehn, daß mir die Meynung des Salmasius (28) höchst wahrscheinlich ist, daß Arrian eine Art bunt gefärbter oder vielfärbiger Kleider gemeint habe. Denn außer den von Salmasius angeführten Gründen, verdient bemerkt zu werden, daß an jes ner Stelle verschiedene Arten von Kleidern, und gar keine andere Waaren als Kleider, genant sind; ferner daß das Beywort κξαματινος er vor, von eben diesem Schriftsteller, in eben diesem Verstande, von andern Kleidun gen gebraucht ist (29). Man sage also nicht weiter, daß schon Arrian unser Gummilack genant habe. Er hat unser Wort Lack, des sen Entstehung Salmasius zu errathen ver sucht hat, gar nicht genant.
In den Schriften des Galens, deren Gebrauch leyder! noch wenig erleichtert ist, habe ich ινδικον μελαν nur erst vier mal gefunden. An einem Orte (30), wo er von Krankheiten der Augen redet, rühmt er es wegen der reinigenden Kraft, und sagt, es könne bey Wunden, welche nicht entzündet wären, gebraucht werden. An einem andern Orte (31) kömt es in dren Vorschriften zu Augensalben vor. Inzwischen habe ich bey diesem vortreflichen Schriftsteller nach einer Erklärung dessen, was er ινδικον nennet, vergebens gesucht, da er doch soust fast alle Medicinalwaaren, die so genanten simplicia, die materiam medicam, er klärt hat. – So scheint es denn, daß die Griechen unsern Indig ινδικον, und den Tusch Indischschwarz oder Indische Tinte genant haben.
Aber ich darf nicht verschweigen, daß auch hier wider sich Zweifel machen lassen, welche nicht unwichtig sind. Viele, die bey dem schwarzen Indig des Plinius und Vitruvs nicht an Tusch gedacht, sondern jenen auch für unsern Indig gehalten haben, erinnern, daß dunkelblaue oder dunkelviolette Sachen von den Griechen nicht selten schwarz genant werden, und daß also der blaue Indig auch wohl der schwarze habe heißen können (32). Freylich eine wunderliche Eigenheit der Sprache! Aber die Beyspiele, durch welche sie bewiesen wird, sind Beywörter, welche Dichter dunklen Blumen gegeben haben, als ιον μελαν Theocrit. idyl. X, 28. υακινθοςμελαινη, κ[-]ινον μελαν, θυμον μελαν u. s. w. Nec tamen, vt testes mos est audire poetas. Ovid. Weil die Natur keine schwarze Blumen hervorbringt, so nennen die Dichter, welche das seltene, und außerordentliche und die Uebertreibung lieben, Blumen von so dunklen und gesätigten Farben, daß sie der Schwärze nahe kommen, schwarze Blumen. So gar nennen sie klares tiefes Wasser schwarz (33). Inzwischen ist es kaum glaublich, daß Mahler und Färber, denen es um genaue Bestimmung der Farben zu thun ist, eben so uneigentlich geredet haben solten. Salmasius vermuthet so gar, daß das Nil uud Nir, der Arabische Namen der Indig pflanze, aus dem Lateinischen niger entstanden sey.
Von mehr Gewicht scheint die Einwendung zu seyn, daß der Arzt Paulus von Agina, da wo er sich auf die vom Dioscorides angegebenen Arzneykräfte des Indicum oder des Indigs beruft, solches μελαν ινδικον nennet (34). Ich kan noch hinzu sehen, daß überhaupt die Kräfte, welche Galen von μελαν ινδικον angiebt, denen gleich zy seyn scheinen, welche Dioscorides, dem Indicum beylegt, so wie dieser auch selbst einmal (35), wo er von Heilung der Wunden redet, nur ινδικον, nicht μελαν ινδικον nennet. Bsesonders merkwürdig ist, daß der Chemiker Zosimus die Farbe des Hyacinths der Alten, des Waids und des μελαν ινδικον für einerley oder ähnlich erklärt hat (36). Aber wer es weis, aus wie seichten Gründen die alten Aerzte manchen Sachen Arzneykräfte zugeschrieben haben, der wird es vielleicht nicht unwahrscheinlich finden, daß sie zwey ver schiedenen Sachen, wegen gleicher Benennung, auch einerley Kräfte zugetrauet haben, und dieser Glaubensgrund wäre wenigstens nicht ärger gewesen, als die berüchtigte Signatur, der noch jetzt manche Sachen ihren Platz in unsern Apotheken verdanken. Vielleicht möchten auch wohl bey äußerlichen Schäden, wozu das μελαν ινδικον empfohlen wird, Indig und Tusch gleich viel oder gleich wenig würken. Viel wichtiger wäre mir das Urtheil des Chemikers Zosimus, aber leyder! sind dessen Schriften noch nicht gedruckt worden; sein Zeitalter ist noch nicht bestimt, und noch weniger weis man, ob alle die chemischen Handschriften, die jenen Namen führen, von einem und demselbigen Verfasser sind.
Aus allen diesen glaube ich wenigstens so viel gewiß annehmen zu können, daß man, zur Zeit des Vitruvs und Plinius, aus Indien sowohl Indig als Tusch erhalten, und beydes Indicum genant hat; weniger gewiß ist, daß bey den Griechen Indig Indicum, und Tusch Indischschwarz oder Indische Tinte geheissen hat; ja, es scheint, daß wenigstens oft auch der Indig, wegen seiner sehr dunkeln blauen Farbe, welche er trocken und in einer gesätigten Tinctur hat, Indisch Schwarz genant sey. Ferner ist er wiesen, denke ich, daß man bereits in den alten Färberenen die Blume oder den Schaum von den Küpen abgehoben und zu einem Lacke oder Carmine eingetrocknet hat.
Nun will ich beweisen, was ich oben be hauptet habe, daß man nie aufgehört hat den Indig zu brauchen und aus Indien kommen zu lassen. Ich will Erwehnungen desselbeu aus verschiedenen Jahrhunderten anzeigen, bin aber gewiß, daß aufmerksame Leser solche noch in viel mehr Schriften bemerken werden.
Die Arabischen Aerzte gedenken vielleicht alle des Indigs, aber es ist übel, daß man sich bey ihnen auf die höchst fehlerhaften lateinischen Uebersetzungen verlassen muß; auch scheint es, daß sie oft nur die Nachrichten der Griechen von den Arzneymitteln, ohne diese alle selbst zu kennen, wiederholet haben. Rhazes, der am Ende des zehnten Jahr hunderts gelebt hat, nennet (37) Nil alias Indicum. Avicenna, welcher 1036 gestorben seyn soll, hat den Indig oft genant, aber am Rande der elenden Uebersetzung lieset man die Warnung, daß oft unter Indicum Alaun (oder vielmehr Vitriol) zu verstehn sey. Inzwischen da, wo er von den Mittein redet, wodurch die Hare geschwärzt werden können, ist sicherlich Indig gemeint, (38) welcher, wie es in der Uebersetzung heißt, colorem pavonaceum, oder eine violette Farbe, machen soll. Im Lateinischen steht Indicum indum bonum, welchen abgeschmackten Ausdruck Salmasius (39) dadurch erklärt, daß im Arabischen stehe Alusma Alhendia d. i. Indischer Waid. Eben daselbst nennet er auch Indicum Carmenum, welcher Indig weniger violet, aber schwärzer farben soll, (nämlich mit einem Zusatze von Vitriol). Carmania stieß fremlich an Gedrosia, weiches Land das eigentliche Vaterland des Indigs ist wo noch jetzt um Gusurate der beste gewonnen wird. In der meiner Ausgabe des Avicenna beygedruckten Erklärung (40) einiger Arabischen Wörter, ist Indicum durch granum Nil übersetzt worden. Serapion gegen Ende des elften Jahrhunderts hat (41) wie es scheint, alles was die Griechen von Indig und Waid gesagt haben, unter einander gemengt. Averroes, in der Mitte des zwölften Jahrhunderts, führt vom Indig, womit, wie er hinzusetzt, viel gefärbt wird, die Heilkräfte an, welche die Griechen angegeben haben (42).
Vom Jahr 1193 hat Muratori einen lateinisch abgefaßten Vergleich zwischen den Bürgern von Bologna und Ferrara geliefert, worin festgesetzt ist, von welchen Waaren eine Abgabe erlegt werden soll; da ist auch, unter mancherley Färbewaaren, Indigum genant. (43). Im dreyzehnten Jahrhunderte reisete der berühmte Marco Polo sechs und zwanzig Jahre in Asien umher, und kam so gar nach China, nach Indien jenseit des Ganges, nach Coromandel, Malabar und andern Gegenden Hindostans. Dieser meldet, er habe in dem Reiche Coulan oder Colum den Indig, den die Färber brauchen, machen sehn, und er beschreibt sogar die Zurichtung (44). Viele artige Nachrichten über den Handel mit dieser Waare, in der Mitte des vierzehnten Jahrhunderts, findet man in dem merkwürdigen Aufsatze des Francesco Balducci Pegolotti (45). Da lieset man Namen für verschiedene Arten, als Indaco di Baldacca detto buccaddeo, vermuthlich von Bagdad, welche Stadt in manchen Alten Reisebeschreibungen Baldach oder Baldac genant wird (46); ferner Indaco del Golfo (47); Indaco di Cipri (48); Indaco Rifanti (49). Der Indig kam damals in Häuten (cuojo)(50); oder in Schläuchen (otre) (51); auch in Kisten (casse) (52). Besonders merkwürdig ist, was er über die Kenzeichen der Güte gelehrt hat (53). Nicolo Conti, der vor dem Jahre 1444 Indien bereisete, nennet Endego unter den Waaren von Camboja (*). Daß die Benennung color indicus, für blau mit violet vermischt, im Mittelalter gebraucht worden, beweiset du Cange. So war es mir denn sehr unwahrscheinlich, daß der Indig denn Rosetti nicht solte bekant gewesen seyn, wie H. Prof. Bischof gemeint hat (54). Aber allerdings findet man ihn in diesem merkwürdigen Farbebuche, von welchem ich längst Nachricht gegeben habe (55), vielmal genant (56) und zwar allemal endego.
Ich will hier noch eine Bemerkung ein schalten, welche ein mal zur Geschichte der Färberey dienen kan. Man findet, daß im mitlern Zeitalter die Juden viele Färberenen in der Levante unterhalten, und dieses gewerb vorzüglich getrieben haben. So hat der Jude Benjamin, welcher im J. 1173. gestorben ist, in seiner Reisebeschreibung bey vielen Oertern angemerkt, daß daselbst ein Jude wohne, der ein Färber sey, oder daß an andern Orten die meisten Juden dieses Gewerb trieben. Zu Tarent wohnte ein Scharlachfärber, zu Theben einer der Purpur färbte. Zu Jerusalem hatten die Juden damals einen Platz, der sich vorzüglich zur Färberey schickte, für vieles Geld vom Könige mit der Bedingung gepachtet, daß dort keiner außer ihnen dieß Gewerb treiben solte (57). Ich weis wohl, welche gegründete Zweifel man wider, Benjamins Glaubwürdigkeit hat; und die jüdische Praleren ist überall unverkenlich. Aber ich sehe nicht, warum man ihm nicht in diesem Stücke glau ben dürfe; warum solte er eben dieses gewerb und kein anderes seinen Glaubensgenos sen angedichtet haben? Nur ein mal gedenkt er eines jüdischen Glasmachers, eines Wollen- und Seidenwebers. Dazu könnt, daß man hin und wieder gemeldet findet, in Ita lien wären Färberenen von Juden betrieben worden. So werden im eilften Jahrhun derte unter den Einnahmen, welche die Päpste von Benevent hatten, die Abgaben der Juden von ihren Färberenen genant (58). Im mitlern Zeitalter scheinen die Regenten Färberenen für ihre Rechnung unterhalten zu haben. Man lieset Beyspiele, daß sie solche mit allem Zubehör verschenkt haben. So eine Anstalt hies tincta, tingta oder tintoria (59). Vielleicht ist dieses so genante Färberegal von den alten Purpurfärbereyen ab zuleiten, als welche nur Regenten, nicht Privatpersonen, haben durften. Bey diesen tinctis wird oft der Juden gedacht, so daß es scheint, daß sie dabey als Arbeiter ange stellet gewesen sind.
Da ist nun allerdings zu vermuthen, daß die Juden diese Kunst im Oriente, wo sie früh zu mancher Vollkommenheit gestiegen ist, die wir jetzt noch nicht ein mal, auf den Flügeln der Chemie, erreichen können, er lernt, und in Italien eben diejenigen Pigmente angewendet haben, die in den Levantischen Färberenen gebräuchlich waren. Vermuthlich sind sie diejenigen, welche den farbenreichern Indig stat des Waids, der auch in Italien früh gebauet ward, eingeführt oder algemeiner gemacht haben. In Europa hat Italien diese Kunst, wie viele andere, zuerst verbessert, und es ist erweislich, daß die Kentniß derselben sich von daher über die andern Länder verbreitet hat. In eben dem Maaße, als dieß geschah, hat auch, wie ich vermuthe, der Indig den vaterländischen Wand verdrängt, der weder so vorthetlhaft, noch so schön farbte, als die Italiener mit Indig zu farben verstanden. Stärker hat der Gebrauch zugenommen, als die Ostindischen Waaren zu Schiffe geholt wurden, und am stärksten, seit dem man den Judig wohl feuer aus Amerika erhalten konte.
Bekantlich kam das erste Portugisische Schiff, was Vasco de Gama führte, im Jahre 1499 aus Osttndien zurück, dem gleich mehr Schiffe folgten, welche alle mit den köstlichsten Waaren beladen waren. Es hat mir noch nicht glücken wollen, die Cargaisons dieser Schiffe irgendwo aufzufinden, so wie ich überhaupt eine Nachricht, von dem ersten Portugisischen Handel mit Ostindischen Waaren, ungern vermisse. Deswegen kan ich auch nicht beweisen, daß Indig bereits unter den zuerst überbrachten Waaren gewesen ist. Wahrscheinlich haben die Gewürze, welche der algemeine Luxus damals sehr theuer be zahlte, nebst den Edelsteinen, die ersten Handelsartikel ausgemacht. Aber gar nicht unwahrscheinlich ist, daß ihnen der Indig bald gefolgt sey. Denn alle Reisende, welche um jene Zeit in Ostindien gewesen sind, haben ihn unter den gangbarsten Waaren genant.
Odoardo Barbosa, der Portugise, welcher daselbst tm Jahre 1516 vortrefliche Nachrichten zur Geographie und Handlung samlete, und hernach den Fernando de Magalbaens auf seiner Reise um die Werbe gleitete, und mit diesem auf der Insel Zebu umkam, hat ein Preisverzeichniß der Waaren zu Calecut geliefert, worin auch angegeben ist, was damals der wahre, gute Indig gegolten hat (60). Eben so nennet auch Andrea Corsali, in seinen im Jahre 1516 aus Indien geschriebenen Briefen, unter den Waaren von Camboja den Indig. Ludw. Guicciardini, der freylich erst 1563 schrieb und 1589 starb, erzählt die Waaren, welche Antwerpen aus Portugal erhielt, und da nennet er zwischen den Ostindischen auch Anil (*).
Inzwischen ist wohl außer Zweifel, daß die, im Jahre 1602 octroirte Handlungsges sellschaft der Niederländer, am meisten die Zufuhr und den Absatz dieser Waaren in Europa betrieben hat; sie, die früh die Kunst lernte, diejenigen Artikel, wovon sie in Indien zu allen Zeiten hinlänglichen Vorrath hoffen konte, den Europäern anzuschwatzen und unentbehrlich zu machen, so wie die baumwollenen Zeuge, den Thee, den Sago. Die ersten teutschen Schriftsteller, welche über die Verdrängung des vaterländischen Waids durch den Indig klagen, so wie die obrigkeitlichen Verordnungen, die solches verhüten wolten, schrieben die Schuld den Niederländern zu. Niska (61), der 1630 schrieb, sagt: Indig komme erst seit 30 Jahren nach Teutschland, und in der Verordnung Kaysers Ferdinand III. vom Jahre 1654 steht: er werde seit etlichen Jahren aus Holland nach Teutschland gebracht.
Wie groß schon damals die Einfuhr gewesen sey, beweiset die Carga der im Jahre 1631 aus Ostindien in Holland angekommenen Schiffe. Das erste hatte 13,539 Pfund Indigo Sirches; das zweyte 82,734 Pf. Indig Guserate; das dritte 66,996 Pf. Guserate; das vierte 50,795 Pf. Indigo Bajano; das fünfte 32,251 Pf. Indigo Chirches; das sechste 59,698 Pf Indigo Bejana; das siebente 274,332 Pf. Indigo Chirches. Ich habe dieß so ausführlich angegeben, weil man daraus die damaligen Arten, oder Oerter der Gewinnung, ersieht. Also alle sieben Schiffe brachten 333,545 Pfund, welche an Werthe zu 5 Tonnen Goldes oder 500 000 Thalern niedrig angeschlagen wurden. Im April 1633 brachten dren Schiffe zusammen 4092 Kartel Indig, welche an Werthe 2,046,000 Reichsthaler betrugen (62).
Dieser vortheilhafte Handel hat bald nach der Entdeckung von Amerika die Unter nehmung, Indig, auch in diesem Welttheile zu gewinnen, veranlasset, wozu auch die Bemerkung aufmunterte, daß schon die eingebohrnen Amerikaner, ehe sie das Unglück hatten, den Christen bekant zu werden, mit einer einheimischen Pflanze, welche der Asiatischen Indigpflanze glich, ihre Körper und Zeuge blau und violet gefärbt hatten.
Ob inzwischen beyde Pflanzen von einerley Art sind, oder wie die Amerikanische von derjenigen, welche in den beyden andern Welttheilen genüßt wird, unterschieden ist, das ist, so viel ich finden kam, noch nicht einmal zuverlässig bestimt worden. Aber erwiesen ist, daß Raynal und viele andere irrig behaupten, die neue Welt habe diese Pflanze erst durch die Europäer aus Asien erhalten. Franz Colon (63) nennet sie schon in dem Leben seines Vaters unter den herlichen Produkten der Insel Spagnuola oder St. Domingo. Franz Hernandez rechnet sie mit völliger Zuversicht zu den eigentlichen Mexicanischen Pflanzen, sagt, daß die Amerikaner sich damit die Haare schwarz gefärbt, und daraus dasjenige Pigment gemacht haben, welches sie Mohuitli und Tleuohuilli, die Lateiner caeruleum nennen, beschreibt auch die Zubereitung (64). Dieß bestätigt denn auch der neueste Geschichtschreiber von Mexico, Clavigero (65).
Man muß also diese Pflanze zu den wenigen zählen, welche in dren Welttheilen einheimisch sind. Gleichwohl ist es höchst wahr scheinlich, daß die Europäer mit der Zeit eine vorzüglichere Art oder Abart in Amerika eingeführt haben, wo jetzt mehre Arten würklich gebauet werden.
Hier muß ich in der Geschichte des Amerikanischen Indigbaues eine beträchtliche Lücke lassen, welche vielleicht einst aus Topographien und Reisebeschreibungen ausgefüllet werden kam. Alles was ich jetzt weis, ist, daß der erste Indig, der aus Amerika nach Europa gebracht ist, aus Guatimala, also aus Mexico, gekommen ist, und daß, unter allen Westindischen Inseln, St. Domingo dieses Produkt zuerst und lange Zeit allein geliefert hat.
Krünitz führt, ich weis nicht aus welcher Quelle, an, daß Lopez von Gomes melde, zu seiner Zeit sey bereits auf Hispaniola eine sehr schöne himmelblaue Farbe gemacht worden (66). Wenn das Lopez de Gomara seyn soll, der als Geistlicher den Ferdin. Cortez begleitete (67), so wäre dieß wohl das älteste Zeugniß, was sich erwarten ließe. Damit soll eine Nachricht des Labat überein kommen; aber ich eile ermüdet zum Ende dieses Aufsatzes, und überlasse andern dieß zu berichtigen. Daß in Carolina der Indigbau ums Jahr 1747 angefangen, und im folgenden Jahre durch eine Ausfuhrpre mie beördert worden, meldet Anderson (68).
So kam denn diese Waare aus beyden Indien nach Europa, und empfohl sich das selbst durch den Vorzug und Reichthum der Farbe, durch den leichten und vortheilhaften Gebrauch, und verdrängte plötzlich aus allen Färberenen den europäischen Waid, der vor nehmlich in Teutschland: in Thüringen; in Frankreich: in Languedoc; und in Italien um Rieti im Päpstlichen Gebiethe, gebauet ward. Anfänglich setzte man der Waidküpe nur wenig Indig hinzu, und verbesserte sie dadurch; hernach ward immer mehr genommen, und zuletzt so viel, daß der wenige Waid nur zur Erneuerung der Gährung des Indigs dienen, aber selbst nicht mehr farben kan. Man be rechnete bald, daß jede Elle Tuch um einige Groschen wohlfeiler gefärbt werden konte, wenn man Indig und Watd nahm, als wenn man, nach alter Weise, mit Waid allein färben wolte. So verlohr denn Teutschland ein Produkt, wovon Landwirthe, Kaufleute, Fuhrleute und andere Gewerbe bisher große Reichthümer gewonnen hatten. Dieß bei klagte Chursachsen, wegen des Thüringischen Waidbaues, am meisten, aber es wendete vergebens zu gleicher Zeit einerley Mittel zur Abhaltung des Indigs und der Bandmühle an (69).
Im sechszehnten Jahrhunderte fing man in vielen Ländern an, die Färberenen zu verbessern. Zu dem Ende versuchte man aller ley neue Färbestoffe, inländische und ausländische, im gleichen die Anwendung solcher Salze, welche bis dahin nicht gebraucht waren. Man erhielt auch bald Farben, welche durch ihre Neuheit und Schönheit gefielen; aber Wunder ist es nicht, daß manche neue Weise zu färben, nicht gleich alles leistete, was man wünschte. Manche gab angenehme, aber vergängliche Farben, und manche machte die gefärbten Zeuge so mürbe, daß sie schon auf dem Lager der Krämer verdurben. Da glaubte die Obrigkeit die Käufer sichern zu müssen, hielt das Unvermögen der Kunst für vorsetzlichen Betrug, und weil das mals noch der Wahn war, daß einige Pigmente allemal dauerhafte oder ächte, andere allemal nur vergängliche oder unächte Farben geben könten, auch daß die nachtheiligen Würkungen der Salze sich nicht verhüten, noch bessern ließen, so verboth sie algemein den Gebrauch aller neuen Materialien, wovon bis dahin schädliche Folgen bemerkt waren.
Die Gesetzgeber sind nicht alwissend, nicht untrüglich, auch nicht almächtig. Bey der besten Absicht und festen Ueberzeugung ihre Pflicht zu erfüllen, können sie befehlen, was schadet, und verbiethen, was doch müßen könte. Wären nun ihre Befehle und Verbothe unverletzlich, unübertretlich, unwider stehlich, so würden sie oft den Fortgang der Wissenschaften und Künste hemmen, und nützliche Erfindungen unmöglich machen. Aber das Volk, wenn es nicht schon ganz Maschine geworden ist, weis, auch mit gefahr, fehlerhaften Verordnungen auszuweichen, und auf verbothenen Wegen noch größere Vortheile zu erreichen, als die waren, welche die obrigkeitlichen Befehle zum Zwecke hatten. So ging es auch bey der Färberey im sechszehnten Jahrhunderte.
Ein Reichsabschied vom Jahre 1577 verboth die neulich erfundenen, schädlichen und betrüglichen, fressenden und Corrosivfarben, welche man Teufelsfarben nante, da man, stat des Waids, Vitriol und andere fressende Materien brauchte, bey Strafe an Guth und Ehre. Dieß Verboth, dessen eigene Worte ich beybehalten habe, ward 1594, auch 1603 erneuert, und dabey angemerkt, daß durch das Gewicht der bösen Farben, aus einem Pfunde ungefärbter Nehe- und Stepseide, zwey oder dren Pfund gefärbter würde (70).
Hier scheint vornehmlich die schwarze Farbe, damals die Farbe der Vornehmen, gemeint zu seyn. Es scheint, daß man damals dazu, mehr als vorher, adstringirende Säfte und Eisenvitriol zu brauchen angefangen hat, welche Farbe die Zeuge, wenn sie unmässig damit gekocht werden, mürbe macht, welcher Fehler auch noch jetzt zuweilen schwarze Tücher verdirbt. Wahr ist auch, daß die Zeuge durch die Farbe die größte Zunahme des Gewichts erhalten, wenn sie schwarz, und nächst dem, wenn sie blau gefärbt werden. Mir sind noch keine genaue Versuche über die Vermehrung des Gewichts, welche Zeuge durch die verschiedenen Farben erhalten, bekant, aber man kan wohl sicher behaupten, daß sie in dem Reichsabschiede viel zu groß angegeben ist. Funfzehn Unzen rohe Seide verliehren durch den Absud, den die Franzosen décruement nennen, 4 Unzen, wiegen also weiß 11 Unzen, wiegen aber, nach em sie schwarz gefärbt worden, 13 Unzen. Ueberhaupt soll die schwarze Farbe das gewicht der Zeuge um ein Fünftel mehr als helle Farben vergrößern (*).
Als nun bald darauf der Indig algemein ward, und dem Absatze des Waids schadete, so verboth zuerst Chursachsen im Jahre 1650 (71) denselben, und weil man wohl wußte, wie viel auf den Namen ankömt, wenn man einen Gegenstand beliebt oder ver haßt machen will, so redete man in dem Verbothe nicht anders, als ob die Reichsabschiede auch den Indig, den doch die Concipienten noch nicht gekant hatten, zu den fressenden Teufelsfarben gerechnet hätten. Im Jahre 1652 lies Herzog Ernst, der fromme, bey der Reichsversamlung, durch seinen Gesandten, Doct. Hönnen, darauf antragen, daß der Indig im ganzen römischen Reiche abgeschaft, und dagegen die aufrichtige Waid farbe privilegirt werden möchte (72). Dar auf erfolgte denn auch das kayserliche Verboth d. 21. April 1654 (73), worin, was 1577. wegen der Teufelsfarben verordnet worden, wiederholet ward, mit dem Zusatze, daß auch die Einschleichung des Indigs, der denn Waidhandel schade, die Waare verdürbe, und Geld aus dem Lande zöge, ernstlich verhütet werden solte. Dieß Verboth eilte der Churfürst im selbigen Jahre in seinem Lande bekant zu machen und einzuschärfen (74).
Noch mehr haten die Nürnberger, die auch damals Waid baueten. Sie machten das Gesetz, daß ihre Färber jährlich schweren solten, keinen Indig zu brauchen. Dieß sollen die Nürnberger noch jetzt schweren (75), die doch, so wenig als andere, des Indigs entbehren können. – Ein unchristlicher Leichtsinn, der aber nicht ohne Beyspiel ist. So schworen im monarchischen Frankreich, wo alle Aemter gekauft wurden, alle Parlementsräthe beym Antritte, ihr Amt nicht durch Geld erhalten zu haben, bis endlich einer sich des Meineids weigerte. So müssen auch in Teutschland noch manche Bediente schweren, alle obrigkeitliche Verordnungen zu halten, von denen doch viele nicht gehalten werden, und viele gar nicht, oder nicht ohne Unordnung und Unheil, gehalten werden können.
Was in Teutschland wegen Thüringen geschah, das geschah in Frankreich wegen Languedoc. Auf dringende Vorstellung der Landstände dieser Provinz, ward im Jahre 1598 und hernach öfter der Gebrauch des Indigs verbothen (*). Aber in dem bekanten Edict vom I. 1669, worin Colbert die Schönfärber von den Schlechtfärbern trennete, ward nur untersagt, den Indig allein ohne Waid zu brauchen, und im I. 1737. ward den Färbern frey gelassen, Indig allein, oder Indig und Waid zu nehmen (76).
In England, wo, wie ich glaube, das mals kein Waid gebauet ward, finde ich in den Gesetzen den Indig erst im Jahre 1581. unter der Königinn Elisabet, genant, und zwar nicht wegen der blauen, sondern der schwarzen Farbe. Alle Wollenwaaren solten nicht ehr mit Galäpfeln, Krap und andern Materialien schwarz gefärbt werden, als bis sie vorher mit Waid allein, oder mit Waid und Indig gegründet oder gebläuet wären (77). So glaubte man auch in Teutschland lange Zeit, daß keine Schwärze dauerhaft seyn köne, wenn nicht die Waare vorher in der Blauküpe gefärbt worden; so gar hielt man keinen Hut für ächt gefärbt, der nicht auf dem Schnitte Spuhren der blauen Farbe sehen ließ (78). Jetzt wissen unsere Färber, ohne blauen Grund, dauerhaft schwarz, und ohne Waid dauerhaft blau zu färben, und in ganz Europa wird der ausländische Indig so lange das algemeinste Färbematerial bleiben, bis uns endlich sein zu hoch gestiegener Preis zwingen wird, ein ähnliches Pigment aus inländischen Pflanzen zu bereiten.
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